Anfrage an Bundesregierung: BKA-Ermittlungen zu Steuerleaks

Auswertung der Antwort der Bundesregierung vom 10.01.2019 auf die Kleine Anfrage „Auswertung von Steuerleaks durch das Bundeskriminalamt" (BT-Drs. 19/7006) von Fabio De Masi u.a. und der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag.

22.01.2019

Zusammenfassung/Kontext:

Das Bundeskriminalamt (BKA) hat ab Juni 2017 Daten der Panama Papers und anderer Leaks systematisch erworben. Zugleich hat die Bundesregierung den Deutschen Bundestag im Dezember 2018 in einem Bericht an den Innenausschuss über die BKA-Ermittlungen informiert.

Neben den breit in der Öffentlichkeit berichteten Leaks finden sich unter den BKA-Daten auch Details aus dem zypriotischen Firmenregister, die Einblicke über bisher unbekannte Firmenstrukturen geben. Die Beschaffung solcher Daten über Leaks zeigt, dass selbst innerhalb der EU der zwischenstaatliche Informationsaustausch nur unzureichend funktioniert.

Die Auswertung hinsichtlich Wirtschaftskriminalität und Geldwäsche aller Daten findet durch das BKA sowie in Steuersachen in Kooperation mit der Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt/Main statt. Zuletzt war anlässlich des ersten Jahrestags der Veröffentlichung der Paradise Papers von ersten Ermittlungsergebnissen auf Basis der Leak-Daten in Deutschland berichtet worden und gleichzeitig eine größere Razzia bei der Deutschen Bank im Zusammenhang mit Offshore Leaks in der Presse.

In der Antwort auf die Kleine Anfrage verweigert die Bundesregierung Auskünfte zum Umfang und Charakter der Ermittlungen, gibt aber an, dass die eingesetzten Kräfte zuletzt reduziert wurden und in ca. 1000 Fällen Daten in das In- und Ausland weitergegeben wurden. Ein systematischer Datenabgleich mit anderen Stellen wurde hingegen nicht durchgeführt. Die BaFin hat nahezu keine Daten vom BKA erhalten, obwohl sie selber 2017 eine Prüfung deutscher Banken mit Blick auf die Panama Papers und geldwäscherechtliche Pflichten durchgeführt hatte.

 

O-Ton Fabio De Masi, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag:

„Es ist gut wenn das BKA die Jagd nach Steuersündern und Geldwäschen unterstützt. Aber wir brauchen eine Bundesfinanzpolizei, die kriminalistische Expertise und Steuerfahnder zusammen bringt. So müsste nicht mit einzelnen Finanzämtern Daten getauscht werden und Ermittlungsergebnisse hingen nicht von dem Engagement einzelner Landesbehörden ab. Wir brauchen zudem mehr Personal. Jeder Steuerfahnder bringt etwa eine Million Euro im Jahr ein.

Auch funktioniert der Informationsaustausch international weiter nicht. Denn auch Daten aus EU-Staaten wie Zypern wurden offenbar über Leaks, nicht über die Finanzverwaltung beschafft. Die BaFin versagt überdies in ihrem Auftrag und interessiert sich nicht für die BKA-Daten. Es ist ein Witz, dass sie selber in ihrer Sonderprüfung 2017 allen deutschen Banken bzgl. der Panama Papers den Segen ausgesprochen hatte.“

 

Ergebnisse im Einzelnen:

  • Das BKA hat zwischen Juni 2017 und September 2018 Daten aus den Panama Papers, den Paradise Papers, den Swiss Leaks, den Offshore Leaks, den Bahamas Leaks und den Zypern Leaks erworben. Die Bundesregierung gibt allerdings keine Auskunft über Kosten oder Art des Erwerbs. Pikanterweise argumentiert sie, dass eine Gefahr für Informanten bzw. Mittelsmänner entstünde, da entsprechende Geldflüsse mit geheimdienstlichen Mitteln nachzuverfolgen seien und verweist dabei auf die Morde an investigativen Journalisten in der Slowakei und auf Malta, was eine Skepsis selbst europäischen Diensten gegenüber zum Ausdruck bringt (Antwort 1).
  • Das BKA und die bei der Auswertung kooperierende OFD Frankfurt/Main haben bisher Informationen zu ca. 1.500 Offshore-Gesellschaften sowie einer Vielzahl natürlicher Personen mit in- und ausländische Dienststellen per Datenabgabe geteilt. Datenabgaben erfolgen entweder auf Grundlage von Auskunfts- oder Rechtshilfeersuchen (ca. 400 Fälle, unterschiedliche nationale und internationale Polizei- und Steuerbehörden) oder eigeninitiativ in Form von Informationsweitergaben (ca. 500 Fälle, primär nationale Steuerbehörden) (Antwort 6 & Bericht BuReg). In 2018 hat die Bundesregierung daraufhin jeweils ein Rechtshilfeersuchen aus Panama, Malta und den USA erhalten (Antwort 7).
  • Die BaFin hat nur in einem einzelnen Fall Daten des BKA angefragt, allerdings auch keine Daten initiativ vom BKA erhalten (Bericht BuReg). In einer eigenen großen Untersuchung in 2017 hatte die BaFin bei den deutschen Banken keinerlei Unregelmäßigkeiten im Rahmen der Panama Papers festgestellt.
  • Zunächst arbeiteten 30 Vollzeitkräfte im Rahmen einer Besonderen Aufbauorganisation (BAO) an der Datenauswertung, seit 01.12.2018 wurde diese zu einer normalen Ermittlungsgruppe bestehend aus 16 BKA-Kräften und 4 Personen der hessischen Finanzbehörden reduziert (Antwort 8).
  • Die auf Basis der Datenauswertung laufenden Ermittlungsverfahren haben bisher zu einer vorläufigen Sicherung von Vermögenswerten i.H.v. 4,5 Millionen Euro und einem steuerlichen Mehrergebnis von 3 Millionen Euro geführt. Weitere Informationen zur Anzahl der Verdachtsmomente, zur Relevanz von Terrorismusfinanzierung, zu durchgeführten Razzien und eröffneten bzw. abgeschlossenen Verfahren gibt die Bundesregierung nicht preis (Antworten 9-11).
  • Mit anderen deutschen Behörden (BaFin, FIU, LKÄ, Staatsanwaltschaften, Finanzbehörden) findet ein Datenabgleich nur im Einzelfall (siehe oben), nicht aber systematisch statt (Antwort 12).
  • Rückschlüsse über möglichen gesetzgeberischen Handlungsbedarf hat die Bundesregierung bisher nicht gezogen (Antwort 13).

Hintergrund: