Jamaika futsch - Rede futsch?

Eine ungehaltene Rede von Fabio De Masi zu den Paradise Papers

21.11.2017

Die Fraktion DIE LINKE. im Bundestag hatte für heute eine Aktuelle Stunde zu den Paradise Papers - den Steuertricks der Reichen & Konzerne und der Kumpanei der Finanzminister - beantragt. Ich scharrte bereits wie ein Pferd im Rennstall mit den Hufen. Aber leider wurde daraus nichts. Die SPD, die AfD und auch die CDU/CDU beantragten auf den letzten Drücker Aktuelle Stunden und in der Hackordnung der Fraktionen fielen wir damit runter.

Daher im Folgenden meine nicht gehaltene Rede.

Jedes Wort bleibt trotzdem wahr.

 

Herr Präsident,

verehrte Kolleginnen und Kollegen,

Journalisten müssen schmutzige Wäsche lüften, weil Finanzminister versagen oder mit Gesetzen aktiv Beihilfe zu Steuerflucht leisten.

Vor Gericht würde die Verlesung der Anklageschrift viel Zeit kosten.

Offshore Leaks, Luxemburg Leaks, Swiss Leaks, Panama Papers, Bahamas Leaks und nun Paradise Papers.

Zeit ist Geld. 17 Mrd. Euro entgehen Deutschland jedes Jahr durch legale Steuertricks von Super-Reichen und Konzernen.

Nehmen wir illegale Steuerhinterziehung hinzu, verlieren wir in der EU hunderte Milliarden Euro jährlich – viel davon made in Germany.

Es geht auch um Geldwäsche von Kriminellen bis hin zur Terrorfinanzierung. Banken unter Kontrolle des IS haben weiter Zugang zum SWIFT System und schicken Terror-Geld quer durch Europa.

Der Mafia-Enthüller Roberto Saviano hat darauf hingewiesen, dass Apple und Co das Offshore System bei kolumbianischen Drogenkartellen abkupferten. Er schreibt, Kokain sei wie der moderne Kapitalismus. Es gehe um Geschwindkeit, Globalisierung und wirtschaftliche Macht.

US Senator Bernie Sanders warnt, dass wir unter Kontrolle einer Oligarchie von Milliardären stehen. Stichwort Parteispenden von Unternehmen, die Sie hier alle miteinander regelmäßig dankbar empfangen. Bei Steuergerechtigkeit geht es daher auch um Demokratie.

Etwa 8 Personen besitzen soviel wie die Hälfte der Weltbevölkerung. Das sind 3,6 Milliarden Menschen. In Deutschland verfügen die reichsten zehn Prozent über zwei Drittel des privaten Nettovermögens, die Hälfte der Bevölkerung besitzt keins oder Schulden. Selbst der IWF fordert daher eine Vermögenssteuer von der Bundesregierung.

Jamaika sondierte gefühlte hundert Jahre. Bis der Lindner französischen Abgang machte, den er wahrscheinlich seit seinem legendären Auftritt mit Kuhkrawatte geübt hatte.

Nur bei einer Sache waren Sie sich sofort einig, dass es keine Vermögenssteuer für Millionäre und keine verfassungsfeste Erbschaftssteuer geben soll. Während sie wie eine greise Königsfamilie vom Balkon der parlamentarischen Gesellschaft wunken, bröckelt dieses Land vor schwarzen Nullen. Etwa Hundert Milliarden Euro jährlich beträgt die Investitionslücke bei Universitäten, Krankenhäusern, Brücken oder bezahlbaren Wohnraum.

Konzerne und Super-Reiche nutzen Infrastruktur und Arbeitskräfte, aber drücken Steuern auf fast null Prozent. Ob Apple, Nike, oder Staatsfirmen wie die schwarz-Grüne Fraport. Sie verschieben Gewinne über künstliche Zinsen oder Lizenzgebühren in Briefkästen in Steueroasen. Die sind mitten in Europa – in den Niederlanden, Irland oder Malta, wo kritische Journalisten mit dem Leben bezahlen.

Mit Wettbewerb hat dies nichts zu tun. Jeder Bäcker, jede Krankenschwester muss hier Steuern zahlen.

Bei Fake Patrioten wie Frau Alice im Weideland ist dies wohl anders. Zahlen Sie Ihre Steuern eigentlich noch in der Schweiz? Ich habe meine Steuererklärung veröffentlicht. Wann machen Sie das?

Nun höre ich immer die selbe Schallplatte. Wir können nichts tun weil Luxemburg & Co blockieren. Das ist eine Schutzbehauptung.

Herr Kubicki – der Strafverteidiger eines Cum Ex Abzockers und verhinderte Finanzminister – hatte kürzlich einen lichten Moment. Er sagte wir müssen nicht warten, bis sich 28 EU Staaten einigen und forderte, Konzernen den Abzug von Betriebsausgaben in Deutschland zu verweigern, wenn die in Steueroasen fließen. Die Linke wird diese Maßnahme gerne zur Abstimmung stellen.

Wir sollten zudem Zinsen oder Lizenzgebühren direkt an der Quelle in Deutschland besteuern bevor die in Steueroasen fließen. Die USA haben der Schweiz erfolgreich Strafsteuern angedroht. Die haben dann beim Bankdatenaustausch geliefert.

Deutschland ist laut Präsident des Bundeskriminalamtes sowie italienischen Anti-Mafia-Staatsanwälten Gangsters Paradise. Ein Paradies für Geldwäsche – etwa im Immobiliensektor.

Noch letzte Woche sabotierte die Bundesregierung mit den Briten ein öffentliches Register der wahren Eigentümer von Firmen und Trusts. Frankreich, Portugal, selbst Beamte des BMF wollten ein öffentliches Register. Deutsche Strafermittler und EU Kommission fordern zudem ein Immobilienregister. Auch da Fehlanzeige. Jan Böhmermann würde sagen: ich hab Polizei, Mafiosi sagen ich hab Bundesregierung!

Mit den Briten haben Sie sich tolle Partner gesucht. Die haben verhindert dass Länder mit einem Steuersatz von null Prozent automatisch auf die schwarze EU Liste der Steueroasen kommen. Mit null Prozent ist man keine Steueroase. Das ist so wie zu behaupten mit 100 Prozent Alkohol im Blut sei man nüchtern.

Wir brauchen ein Unternehmensstrafrecht in Deutschland, damit Staatsanwälte nicht länger vor Gangstern in Nadelstreifen kapitulieren. Banken ist bei Beihilfe zu schwerer Steuerhinterziehung die Lizenz zu entziehen.

Wir müssen Konzerne zwingen, für jedes Land wo sie aktiv sind, Gewinne und Steuern getrennt auszuweisen. Und zwar öffentlich – wie es im Banken und Rohstoffsektor Pflicht ist. Selbst die EU-Kommission unter Steuerbaron Juncker ist für öffentliche Berichte. Aber die Bundesregierung verhindert das.

Warum greifen Sie nicht den französischen Vorschlag auf und schaffen Mindeststeuern für Konzerne? Sie nutzen verstärkte Zusammenarbeit für Aufrüstung – so wie der Clown in Washington das anordnet. Da geht das. Warum machen Sie das nicht bei Unternehmenssteuern, gegen Steuerflüchtlinge? Das wäre ein Dienst an Europa statt mehr Aufrüstung und Fluchtursachen.

Vielen Dank!