Welt am Sonntag: Hier wollen wir sitzen

Fünf Hamburger Bundestagskandidaten diskutieren auf Einladung der WELT AM SONNTAG über den lauen Wahlkampf, die Probleme des Martin Schulz und persönliche Ziele.

24.08.2017

24. August 2017, Welt am Sonntag: Hier wollen wir sitzen

"Fünf Hamburger Bundestagskandidaten diskutieren auf Einladung der WELT AM SONNTAG über den lauen Wahlkampf, die Probleme des Martin Schulz und persönliche Ziele.

Erfahrung trifft auf Neugier: Anja Hajduk (Grüne) und Johannes Kahrs (SPD) haben schon länger ein Abgeordnetenmandat im Deutschen Bundestag und hoffen auf eine Verlängerung durch den Wähler, Katja Suding (FDP), Christoph Ploß (CDU) und Fabio De Masi (Linke) streben ihren ersten Einzug in den Reichstag an. (...)

WELT AM SONNTAG: Was ist das Thema, das an den Wahlkampfständen am häufigsten an Sie herangetragen wird? Jeweils ein Schlagwort. (...)

FABIO DE MASI: Rente. (...)

Welche Koalitionen es geben kann, ist natürlich eine interessante Frage. Aber sollte es im Wahlkampf nicht vornehmlich um Inhalte gehen? Hatten Sie sich das so vorgestellt, als sie beschlossen haben: Ich mache jetzt Bundestagswahlkampf?

DE MASI: Das ist ja nicht mein erster Wahlkampf, ich habe Wahlkampf für das Europaparlament gemacht und auch schon Bundestagswahlkämpfe als – ich sage mal – Fußsoldat begleitet. Insofern ist mir das nicht neu. Aber ich empfinde diesen Wahlkampf auch als langweilig und hatte zwischendurch die Befürchtung, dass Frau Merkel bis zum 24. September entspannt Urlaub machen kann. Es gibt in diesem Wahlkampf immer wieder Themen, auf die die Parteien, auch getrieben durch eine immer schneller werdende Medienwelt, gehetzt reagieren. Über die großen Entwürfe wird dann gar nicht mehr diskutiert. Nehmen wir noch mal das Beispiel Autoindustrie. Da geht es über die Themen hinaus, die Frau Hajduk schon angesprochen hat, ja auch um das komplette deutsche Exportmodell. Das könnte ein richtiges Waterloo werden. (...)

Das Stichwort heißt Mobilisierung. Gerade bei der CDU erleben wir eine solche allerdings nicht – vor allem nicht bei Ihrer Kanzlerin.

PLOSS: Dem würde ich widersprechen. Wir sind unheimlich aktiv. Hier kann ich besonders für Hamburg sprechen. Aber wenn Sie zwölf Jahre die Regierung bilden, das kann man ja auch hier in Hamburg erleben, macht man einen anderen Wahlkampf, als wenn man aus der Opposition herauskommt. Dieser ist einfach präsidialer. Dennoch würde ich sowohl Johannes Kahrs als auch Fabio De Masi widersprechen wollen. Wir sagen schon, wo es langgehen soll – bei Themen wie Europa, Steuern oder der Inneren Sicherheit.

DE MASI: Die Frage, die sich stellt, ist ja, ob die Leute glauben, dass sie eine Einflussmöglichkeit haben. Denn das hat dann auch Auswirkungen auf die Wahlbeteiligung. Hier muss sich die Politik an die eigene Nase fassen, denn natürlich hat sie – um bei dem Beispiel noch einmal zu bleiben – auch für die Autoindustrie die Rahmenbedingungen geschaffen, die zur jetzigen Situation geführt haben. Und sie hat auch dazu beigetragen, dass es keine Hardwarelösung sondern nur eine Softwarelösung gibt. Das bekommen die Leute schon mit. Ich will nicht sagen, dass sie deshalb nicht wählen gehen werden. Aber viele sind schon erschöpft. (...)"