Europäische Bankenabwicklung - Praxistest nicht bestanden

Eine Pressemitteilung von Fabio De Masi

26.06.2017
Eurokrise

Der Europaabgeordnete Fabio De Masi (DIE LINKE.), Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON) und in der Arbeitsgruppe Bankenunion des Europäischen Parlaments, kommentiert die Abwicklung der italienischen Banken Banca Popolare di Vicenza und Veneto Banca: „Das Versprechen nach der letzten Finanzkrise, dass die europäischen Steuerzahler nicht mehr für Bankenrettungen zahlen müssen, war offensichtlich haltlos. 17 Milliarden Euro in Beihilfen und Garantien erhält Intesa Sanpaolo für die Übernahme und Abwicklung der beiden venezianischen Banken. Das europäische Beaufsichtigungs- und Abwicklungsregime versagt in der Praxis, wie schon im Fall der Liquiditätskrise beziehungsweise des Bank Run auf die spanische Banco Popular.“ „Die Ausnahme beim bail-in im Falle von Risiken für die Finanzstabilität wird gedehnt wie Kaugummi. Nun beruft sich die Wettbewerbskommissarin Vestager auf das Risiko regionaler ökonomischer Verwerfungen, um Staatsbeihilfen zu rechtfertigen. Der europäische Bankensektor muss saniert und restrukturiert werden. Dies erfordert eine Aufspaltung von Megabanken beziehungsweise eine Trennung des Investmentbankings vom seriösen Kredit- und Einlagengeschäft. Schrottkredite, die nicht nur in Italien immer noch in den Bankbilanzen schlummern, müssen abgeschrieben werden. Die Verluste müssen Bankeigentümer und institutionelle Gläubiger über Bail-ins tragen, wobei Kleinsparer in vollem Umfang geschützt werden müssen. Systemische Risiken sollten über die Notenbank bereinigt werden, bei strikter öffentlicher Aufsicht und Kontrolle über die betreffenden Institute. Da Zentralbanken frei bilanzieren können und über Seigniorage-Gewinne verfügen, kostet das nichts.“ „Zudem muss die verheerende Kürzungspolitik beendet werden, damit die Wirtschaft in der Eurozone wieder in Schwung kommt. Dann können zum Beispiel Hausbesitzer wieder ihre Hypotheken bedienen und Banken finden wieder solide Kreditnehmer“, so De Masi abschließend.

 

Die Tageszeitung junge Welt griff diese Pressemitteilung in ihrer Ausgabe vom 28.06.2017 in ihrem Artikel "Lebensrettung oder Koma?" auf. Der Artikel ist hier in Gänze abrufbar - auszugsweise dokumentieren wir ihn untenstehend.

"[...] Paul Steinhardt, Spezialist für Banken- und Finanzmarktregulierung sowie Mitherausgeber des Onlinemagazins Makroskop, sieht das anders. Am Dienstag erläuterte er gegenüber jW, das Regelwerk der Bankenunion eigne sich nicht zur Anwendung. »Was wir erleben, ist das übliche Geschachere von Politikern, Zentralbankern und Aufsichtsbehörden: Eine Bank gerät in Schieflage und wird der nächstgrößeren Bank für ’nen Appel und ’nen Ei zugeschoben«, sagte Steinhardt. In den italienischen Banken schlummern 360 Milliarden Euro an faulen Krediten. Die Schließung der beiden Geldhäuser werde dazu beitragen, dass 18 Milliarden Euro davon abgetragen würden, hatte die EU-Kommission am Sonntag abend erklärt. Ob die übrigen 342 Milliarden erfolgreich abgestottert werden, darf bezweifelt werden. »Betroffen sind Banken, die traditionelles Kreditgeschäft betreiben«, sagte Steinhardt. Nicht so wie beispielsweise die Deutsche Bank, die 75 Prozent ihres Geschäfts aus dem Derivatehandel erziele und das Privat- und Firmenkundengeschäft gar nicht mehr betreibe. Viele Italiener hätten Bankanleihen der Veneto und der Populare di Vicenza gekauft, weil es sich um »konservative« Banken gehandelt habe. Diese seien zum Beispiel erst relativ spät in den Boom am Immobilienmarkt eingestiegen. Doch traditionelle Banken würden in einem Umfeld, das in Ita­lien über Jahre rezessiv war, automatisch Probleme kriegen, so Steinhardt. Die Unternehmensinsolvenzen seien in den vergangenen sechs, sieben Jahren gestiegen. Laut Creditreform lag die Zahl der Pleite gegangenen Konzerne 2015 bei rund 16.000 und damit doppelt so hoch wie 2008. Die Banken reflektierten »die extrem schwierige volkswirtschaftliche Lage«, sagte Steinhardt. Die Entlassung von 3.900 Mitarbeitern dürfte die Situation nicht verbessern.

Der EU-Parlamentarier Fabio De Masi (Die Linke) forderte am Montag, den europäischen Bankensektor grundsätzlich zu sanieren und zu restrukturieren. »Dies erfordert eine Aufspaltung von Megabanken beziehungsweise eine Trennung des Investmentbankings vom seriösen Kredit- und Einlagengeschäft. Schrottkredite, die nicht nur in Italien immer noch in den Bankbilanzen schlummern, müssen abgeschrieben werden.« Zudem müsste die verheerende Kürzungspolitik beendet werden, damit die Wirtschaft in der Euro-Zone wieder in Schwung komme, so De Masi [...]."