Deutsche Exportüberschüsse: Wo Trump (ausnahmsweise) Recht hat

Eine Pressemitteilung von Fabio De Masi

02.02.2017
Hafen Hamburg, Container Terminal.

„Peter Navarro, der neue US-Handelsbeauftragte, hat mit seiner Kritik an den deutschen Exportüberschüssen ausnahmsweise Recht. Die Stärke der deutschen Exportwirtschaft beruht auf der Ausbeutung - nicht nur der europäischen und internationalen Partnerländer, sondern auch der Beschäftigten in Deutschland“, kommentiert der Europaabgeordnete Fabio De Masi (DIE LINKE.) die Kritik an den deutschen Leistungsbilanzüberschüssen durch Peter Navarro, designierter Direktor für Handel und Industriepolitik in der neuen US-Regierung.

Das Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON) des Europäischen Parlaments weiter: „Nach Einführung des Euros wurde in Deutschland eine Politik des Lohndumpings betrieben - Stichwort: Hartz-IV und Arbeitsmarktreformen. Dadurch sind die Löhne in Deutschland im Vergleich zur Produktivität und Zielinflation viel zu wenig gestiegen und die deutsche Exportindustrie hat massive Wettbewerbsvorteile gegenüber den Euro-Partnerländern gewonnen. Und das nicht nur gegenüber Griechenland, sondern auch gegenüber den großen Volkswirtschaften Italien und Frankreich, wo Marine Le Pen ihre Wahlchancen auch dem industriellen Niedergang verdankt.

Deutschland investiert trotz Nullzinsen zu wenig und verbrennt sein Vermögen. Die Infrastruktur verlottert und die Bundesregierung schmarotzt Nachfrage im Ausland. Damit zwingt sie die Handelspartner in die private und öffentliche Verschuldung. Die Bundesregierung sollte daher zum Protektionismus besser schweigen. Wenn die Bundeskanzlerin die Kritik aus den USA mit dem Verweis auf die formale Unabhängigkeit der EZB abtut, dann leugnet sie volkswirtschaftliche Zusammenhänge. Denn wenn Deutschland mehr investieren würde, könnte Draghi die Zinspolitik normalisieren und auch den Eurokurs stärken. Die deutschen Exporte sind daher künstlich unterbewertet.“

De Masi abschließend: „Die deutsche Euro-Politik ist gescheitert und hat der Eurozone ein verlorenes Jahrzehnt beschert. Auch hat sie im internationalen Vergleich keinen Beitrag zur Verringerung der Staatsverschuldung geleistet, sondern nur die Depression vertieft. Der dumme Stabilitäts-und Wachstumspakt muss daher kurzfristig durch eine goldene Investitionsregel ersetzt werden, die öffentliche Investitionen von den Maastricht-Kriterien ausnimmt. Sofern hohe Exportüberschüsse sanktioniert würden, wäre der Stabilitätspakt überflüssig, weil Länder mit ausgeglichener Leistungsbilanz, Staatsschulden jederzeit über die privaten Ersparnisse im Inland finanzieren könnten und auch die private Verschuldung adressiert würde. Deutschland muss durch öffentliche Investitionen und starke Lohnsteigerungen seine Binnennachfrage stärken. Sonst droht dem Exportjunkie ein kalter Entzug, wenn die Trump-Regierung ihrer Kritik auch Taten folgen lässt."