Interview: Was wurde aus der Finanztransaktionssteuer?

Deutschlandradio berichtet über die Finanztransaktionssteuer

20.08.2016
Frankfurt am Main, Hessen, 01.12.2011

Nach der Finanzkrise versprachen Merkel & Co die Einführung einer ‪Finanztransaktionssteuer. Heute scheint es so als habe die Krisenverusacher wie die Deutsche Bank und Goldman Sachs erneut gewonnen, während wir für die Zocker zahlen müssen. Das Deutschlandradio berichtet in einem Feature zum ‪‎Weltsozialforum‬ in Montreal‬ und lässt auch mich zu Wort kommen. Der Beitrag "Was wird aus der "Robin-Hood-Steuer"?" von Hendrik Buhrs kann zudem auf der Webseite des Deutschlandradios vollständig als Audiobeitrag abgerufen werden.

"[...] Bei enorm großen Ausgangssummen werden aber auch Mini-Anteile zu viel Geld. Seit James Tobins Erstaufschlag wurde die Idee zu einer allgemeinen Finanztransaktionssteuer weiterentwickelt, nicht nur auf Währungen, sondern auch auf Aktien und komplexere Finanzprodukte wie Zertifikate. Die Befürworter frohlocken in der Hoffnung auf neue Milliarden-Einnahmen, die in soziale Zwecke gesteckt werden könnten, so schwebt es etwa der Initiative Attac vor. Die Gegner fürchten, dass der Handel übermäßig behindert werden, und Finanzplätze wie London oder New York leiden könnten. Und die Gegner haben bis heute die Oberhand behalten, sagt Fabio de Masi, der für die Linkspartei im Europaparlament sitzt.

"Ich glaube, dass die wesentlichen Lehren aus der Finanzkrise nicht gezogen wurden", meint de Masi. "Und die Finanzlobby ist Sturm gelaufen. Die großen Banken - Goldman Sachs, Deutsche Bank – haben die Abgeordneten, die nationalen Regierungen bombardiert, mit, häufig auch falschen, Argumenten gegen diese Steuer. Je länger die Erinnerung auch in der Öffentlichkeit an diese Finanzkrise weg ist und verblasst, desto geringer ist die Chance, eine solche Steuer gegen diese mächtige Finanzlobby durchzusetzen."

Die jüngste konkrete Initiative Richtung Transaktionssteuer haben zehn EU-Staaten um Frankreich und Deutschland immer wieder vertagt. Immer gab es irgendwo einen Bedenkenträger, aber bis heute kein Ergebnis. Zuletzt überraschte Finanzminister Wolfgang Schäuble auf dem G-20-Gipfel der größten Industrie- und Schwellenländer mit dem Vorschlag, es stattdessen demnächst auf weltweiter Ebene zu versuchen. Was im kleinen europäischen Kreis nicht gelang, soll mit noch mehr Verhandlungspartnern klappen?

Europapolitiker Fabio de Masi ist skeptisch: "Ich vermute, die Chancen sind geringer. Vielleicht hat Herr Schäuble aber auch im Kopf, dass er eine 'Finanztransaktionssteuer light', eine Minivariante, durchsetzen will, um sich endlich dieser leidigen Diskussion zu entledigen und zu Hause sagen zu können – ich habe meine Hausaufgaben gemacht." [...]"